Glaubensgemeinschaft "Zwölf Stämme": Kinder mit der Rute geschlagen
Heimliche Filmaufnahmen zeigen, wie sie ihre Kinder in einen dunklen Raum führen und mit der Rute schlagen: Erstmals hat ein Gericht nun zwei Mütter aus der Glaubensgemeinschaft "Zwölf Stämme" wegen Körperverletzung verurteilt.
Gegen Angehörige der Sekte "Zwölf Stämme" sind erste Urteile gesprochen worden: Das Amtsgericht Nördlingen in Bayern verurteilte am Dienstag eine Mutter wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten; die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss die Frau 180 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
In einem zweiten Verfahren wurde eine Mutter zu 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit und einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Gegenstand des Prozesses waren Filmaufnahmen, die ein Undercover-Reporter heimlich bei der Glaubensgemeinschaft gemacht hatte. Sie zeigen die Mütter dabei, wie sie ihre Kinder in einen dunklen Raum führen und deren Gesäß mit einer Rute schlagen. Den Bildern zufolge schlug eine der beiden Mütter ihre zwei damals vier und acht Jahre alten Kinder fünfmal. Die andere Mutter schlug ein Kind einmal, weshalb das Strafmaß milder ausfiel.
Die Verteidigung hatte darauf gedrungen, dass die heimlich erstellten Aufnahmen nicht vor Gericht als Beweismittel verwendet werden. Dem folgte der Richter nicht. Weil der Verdacht der Körperverletzung schwerer als das Recht am eigenen Bild wiegt.
Die Schläge, die in dem Film zu sehen waren, seien nicht zu bagatellisieren, befand der Richter.
Die Verhandlung gegen eine dritte Mutter steht am Donnerstag an. Die Frau soll sich allerdings anders als die jetzt verurteilten Mütter bereits von der Sekte distanziert haben.
Die Gerichte beschäftigen sich nicht nur mit Misshandlungsvorwürfen gegen die Glaubensgemeinschaft. Zudem laufen Sorgerechtsverfahren. Im vergangenen Jahr holte die Polizei in einemGroßeinsatz 40 Kinder aus der Sekte und brachte sie in Heimen und bei Pflegefamilien unter. Weil die Sekte die staatliche Schulpflicht missachtet, mussten sieben Väter deshalb 2004 sogar ins Gefängnis.