Das ursprüngliche Shaolin-Kloster wurde vor 1500 Jahren gegründet. Es liegt am Berg Songshan im Ort Dengfeng in der Provinz Henan im Herzen Chinas. Nachdem das Kloster 1966 zerstört worden war, waren seine Ruinen jahrelang nur von wenigen Mönchen bewohnt. Im Jahr 1982 wurde das Kloster durch den Film "Shaolin-Kloster" mit Jet Li plötzlich weltweit bekannt und auch für den Tourismus entdeckt. Die chinesische Regierung ließ den Tempel wieder aufbauen und erlaubte auch wieder den buddhistischen Mönchen, dort ihre Religion zu praktizieren. Der Tempel des Ersten Patriarchen und der Pagodenwald des Shaolin-Tempels stehen seit 1996 auf der Liste der geschützten Denkmäler der Volksrepublik.
Im Jahre 1999 wurde der Mönch Shi Yongxin Abt des Shaolin-Klosters. Er setzte sich stark für eine Wiederbelebung der Kultur der Shaolin ein. Aufgrund seiner Amtsführung wurden aber auch Vorwürfe der aktiven oder passiven "Kommerzialisierung" des Tempels laut. Genährt wurden diese von Gerüchten und Meldungen, nach denen etwa das Shaolin-Kloster an die Börse oder im Ausland Firmen gegründet haben soll. Und tatsächlich setzt Abt Shi bei seinen Bemühungen, das Kloster bekannter und moderner zu machen, auch auf Ausgründungen unter dem geschützten Namen "Shaolin-Kloster" in der ganzen Welt.
Die moderne Marketingstrategie des alten Tempels ist stark umstritten, Kritiker fordern eine Rückbesinnung auf die Tradition von Zen und Kungfu. Aber Abt Shi Yongxin widerspricht den Vorwürfen einer Kommerzialisierung. Sein Handeln diene allein der Verbreitung der Shaolin-Kultur.
Neben dem Ursprungskloster des Shaolin-Ordens am Songshan gibt es sowohl in China als auch außerhalb von China dutzende Tempel, die den Namen Shaolin tragen. Abt Shi Yongxin wirft insbesondere den oftmals von Auslandschinesen gegründeten Kulturzentren vor, die Handelsmarke "Shaolin" zu missbrauchen. Durch die Anwendung des Markenrechts und offizielle Verträge wolle man sicherstellen, dass auch international unter dem Namen "Shaolin-Kloster" nur die wirklich authentische Kultur des buddhistischen Mönchsordens verbreitet werde. Die Lizenzeinnahmen würden hauptsächlich zum Erhalt des Shaolin-Tempels gebraucht.
Shi Yongxin betont ausdrücklich die religiöse Funktion des buddhistischen Ordens. Allerdings besitzt das Shaolin-Kloster eine eigene Firma, die sich hauptsächlich mit der Erschließung und Management von Medienaufträgen für Film, Fernsehen und Theater, aber auch für Internet und Videospiele befasst /– offiziell mit dem Ziel der Kulturförderung. Diese kommerziellen Kulturaktivitäten haben jedoch bei vielen starke Zweifel verursacht. Kritiker sehen dadurch den Sinn und das Geist des Tempels beschädigt. Abt Shi Yongxin widerspricht erneut: Der Einfluss des Shaolin-Klosters habe einen geschichtlich beispiellosen Höhepunkt erreicht. Dank der modernen Medienarbeit könnten sich immer mehr Leute über das reale Kloster und die Shaolin-Kultur informieren."
Mit der zunehmenden Bekanntheit der Marke "Shaolin-Kloster" wächst allerdings auch die Zahl der Trittbrettfahrer. Gefälschte /„Shaolin-Wundermittel", und Hochstapler, die sich als "Shaolin-Priester" ausgeben, haben das Ansehen des Tempels stark geschädigt.
Es bleibt die Frage des Geldes. Wofür werden die Einnahmen aus Firmen und Veranstaltungen des Shaolin-Klosters genutzt? Shaolin-Abt Shi versichert, dass nach Auszahlung der Löhne an die Mitarbeiter alle Gewinne für den Schutz der Kultur, für die Wohlfahrt sowie für den internationalen Kulturaustausch investiert werden. Das Haupteinkommen des Shaolin-Tempels stamme weiterhin aus Eintrittsgeldern und dem Verkauf von Weihrauch. Nur wenn das Shaolin-Kloster die Kultur des Ordens selbst aktiv verbreite, könne man die Menschen über die echte Shaolin-Kultur informieren. Vieles von dem, was den Namen "Shaolin" trage, sei immer noch gefälscht. Nur deshalb habe das Shaolin-Kloster weiter mit einem schlechten Ruf zu kämpfen, so Abt Shi.
Gleichzeitig spricht Shi Yongxin aber auch offen über die Gründe für die kommerziellen Aktivitäten des Shaolin-Klosters. Als Leiter sei er schließlich auch dafür verantwortlich, den Nutzen zugunsten des Zen-Klosters zu mehren und für die Zukunft vorzusorgen. Um den Buddhismus in der Gesellschaft verbreiten zu können, müsse man sich einen geeigneten Entwicklungsraum suchen. Die Mönche selbst legten keinen Wert auf Geld, so der Abt. Der Schutz der Marke /„Shaolin-Kloster" biete allerdings eine lukrative Einnahmequelle, die überhaupt erst zum Teil erschlossen sei. Seiner Meinung nach sei der Ärger über das rechtliche Vorgehen des Tempels nur vorübergehend. Ob diese kommerziellen Aktivitäten richtig oder falsch sind, hängt nach Ansicht von Shi Yongxin deshalb einzig und allein davon ab, ob sie für die Entwicklung des Tempels und des Buddhismus von Vorteil sind.
Der mögliche Gang an den Wertpapiermarkt entpuppt sich dann aber doch als ein falsches Gerücht. Abt Shi schließt für eine Organisation wie das Shaolin-Kloster den Verkauf an der Börse prinzipiell aus. Das könne man sich schließlich bei keiner Religion auf der Welt vorstellen.